Nachdem Anfang der 1990er Jahre die letzte Brutkolonie in NRW am Bienener Altrhein verschwand, entwickelte das Naturschutzzentrum im Kreis Kleve e.V. im Frühjahr 1997 ein Artenschutzprojekt für die Trauerseeschwalbe, um diese faszinierende Vogelart wieder am Niederrhein anzusiedeln. Mit finanzieller Unterstützung der LÖBF/LAFAO Nordrhein-Westfalen wurden 10 Brutflöße angeschafft und Mitte Mai 1997 auf dem Bienener Altrhein am traditionellen Standort der Kolonie ausgebracht. Der Erfolg dieser Maßnahme wurde durch regelmäßige Nestbeobachtungen wissenschaftlich untersucht, wobei damals ein Hauptaugenmerk auf das Agieren der Rabenkrähen und die nahrungsökologische Situation während der Jungvogelaufzucht (Art und Herkunft der Beuteobjekte, Fütterungsfrequenz) gerichtet wurde. Aufgrund des überraschenden Erfolges im Jahr 1997 wurde das Programm in den Folgejahren ausgeweitet. Gefördert durch das Land Nordrhein-Westfalen konnten zusätzliche Flöße angeschafft werden. Zwischen 2003 und 2022 wurden regelmäßig 110 bis 140 Flöße eingesetzt, die jeweils zu Beginn der Brutsaison (Anfang Mai) auf den Gewässern ausgebracht und nach dem Wegzug der letzten Brutpaare im Spätsommer/Herbst wieder eingeholt werden. Dies ist notwendig, da die Flöße andernfalls bei einem winterlichen Hochwasser weggerissen würden.

Im ersten Jahr des Artenschutzprojektes  - 1997 - wurden 10 Nistflöße am Bienener Altrhein ausgelegt. Auf ihnen siedelten sich neun Brutpaare an – hinzu kamen drei Paare, die erfolglos auf natürlichem Substrat brüteten. In den Folgejahren wurde die Zahl der ausgelegten Flöße immer weiter gesteigert und auch die Zahl der Standorte wurde auf bis zu sechs im Jahr 2003 erhöht. Im gleichen Zeitraum stieg auch die Zahl der Trauerseeschwalben kontinuierlich an und erreichte 2003 ihr bisheriges Maximum. In den Folgejahren schwankt die Zahl der Brutpaare zum Teil stark, insgesamt war es jedoch möglich, eine stabile Kolonie von 40 - 50 Brutpaaren zu etablieren.

Der Reproduktionserfolg (flügge Jungvögel pro Brutpaar = JV/BP) lag im Zeitraum von 1997 bis 2001 bei 1,0 bis maximal 1,7 JV/BP und damit überdurchschnittlich hoch, wenn man davon ausgeht, dass die bestandsstützende Reproduktionsrate bei etwa 0,85 JV/BP liegt (siehe rote Linie in der Grafik). Ab 2002 ging der Bruterfolg jedoch deutlich zurück und erreichte 2005 mit 0,5 JV/BP seinen ersten Tiefststand. Die Ursachen hierfür waren im Jahr 2005 eine Kombination aus schlechten Witterungsbedingungen und erhöhten Verlusten durch natürliche Feinde. Zudem boten die Nistflöße den Küken so gut wie keinen Schutz, da der Aufwuchs schon früh von den Flößen gespült wurde. Dies veranlasste uns im Jahr 2006 neue Nistflöße zu testen, die den Jungvögeln einen besseren Schutz vor Feinden und ungünstigen Witterungsbedingungen bieten sollen. In den Jahren 2006 und 2007 erhöhte sich der Bruterfolg wieder auf 0,6 - 0,9 bzw. 0,5 - 0,7JV/BP, um dann 2008 auf 0,16 - 0,2 JV/BP einzubrechen. 2009 hatte sich der Bruterfolg wieder erholt. Er brach aber 2010 erneut auf 0,2 JV/BP ein. Von 2011 bis 2017 erreichten wir wieder gute Reproduktionsraten - die bestandserhaltende Schwelle wurde immer erreicht, meist sogar übertroffen. 2018 war trotz der trocken-heißen Witterung aufgrund hoher Gelege- und Kükenverluste mit maximal 0,71 JV/BP ein weniger erfolgreiches Jahr. So wurden beispielsweise eine Reihe von Gelegen durch eine Blässralle zerstört. Seit 2019 liegt der Bruterfolg jedoch bei Werten über 1,0 JV/BP. 2023 war mit 1,13 JV/BP ein weiteres erfolgreiches Jahr. Aktuelle Zahlen finden Sie hier.

Der schlechte Bruterfolg der Jahre 2005 - 2010 ist neben der Witterung und Prädation hauptsächlich auf den hohen Verlust an Eiern zurückzuführen, der - wie sich 2011 herausstellte - vor allem durch Wellenschlag laichender Karpfen verursacht wurde. Mit Hilfe der Stöckmannstiftung aus Essen wurde uns 2011 die Anschaffung von Fotofallen ermöglicht. Und auch in den Folgejahren unterstützte uns die Stöckmannstiftung beim erneuten Einsatz dieser Kameras. Hierdurch konnten wir nachweisen, dass laichende Karpfen zwischen den Flößen für derartige Wellen sorgten, dass die Gelege dadurch von den Flößen gespült wurden. Erst der Einsatz eines Ei-Rollschutzes verhindert dies seit 2011. Als Fressfeinde wurden zudem die Blässralle und die Waldohreule (ebenfalls mit Hilfe von Fotofallen) nachgewiesen. Während die Blässralle mehrfach Gelege der Trauerseeschwalbe zerstörte, konnte die Waldohreule bei der Erbeutung von Küken "ertappt" werden. Ihr fielen in einer Nacht 10 Küken zum Opfer.